Produktinformationen "Golden die Praxis, hölzern die Theorie?"

Ausgewählte Transferarbeiten des 41. und 42. wissenschaftlichen Kurses an der Archivschule Marburg

Vorwort

Hölzern die Theorie? Golden die Praxis? Oder ist vielleicht doch die Theorie das edlere Element in diesem Paar? Weder noch! Für das weite Feld der Archivarbeit lässt sich eine Rangfolge der beiden Bereiche nicht so einfach und allgemeingültig festlegen. Statt zu versuchen, die eine gegen die andere Seite auszuspielen, sollte vielmehr beachtet werden, wie stark beide Seiten aufeinander bezogen sind, wie stark sie sich gegenseitig bedingen und befördern.

Ein Beispiel für die nützliche Verbindung von Theorie und Praxis sind die Transferarbeiten, welche die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der wissenschaftlichen Kurse an der Archivschule Marburg zum Ende des Referendariats als Staatsexamensarbeit anfertigen. In diesen Arbeiten soll „ein Problem aus der Praxis eines Archivs oder einer Behörde unter den Aspekten der theoretischen Ausbildung dargestellt und ein Lösungsvorschlag entwickelt werden.“  Hier greifen somit der theoretische und der praktische Teil der Ausbildung ineinander. Folgerichtig werden die Arbeiten sowohl von einem bzw. einer Lehrenden der Archivschule betreut wie auch durch eine Archivarin bzw. einen Archivar des Ausbildungsarchivs, das die Themenstellung wie auch die Note letztendlich festlegt. Bei der Bearbeitung der Themenstellung wenden die Referendarinnen und Referendare ihr theoretisches Wissen zum Nutzen der Praxis an. Gegenstand der Überlegungen sind mitunter hochspezielle Probleme der Ausbildungsarchive, die nicht für die gesamte Archivwelt von Belang sind, oft entstehen aber auch Arbeiten von allgemeinem Interesse.

Mit der vorliegenden Publikation veröffentlicht die Archivschule Marburg nun bereits zum fünften Mal eine Auswahl dieser Transferarbeiten. In unserem Entschluss, diese in gedruckter Form der Fachöffentlichkeit vorzulegen, werden wir durch gute Verkaufszahlen bestärkt. Der letzte Transferarbeitenband ist seit einiger Zeit vergriffen.

Die thematische Streuung der ausgewählten Arbeiten des 41. und 42. wissenschaftlichen Kurses im vorliegenden Band spiegelt die inhaltliche Breite der archivischen Praxis wider. Sebastian Gleixner bietet eine detailreiche Analyse der Schriftgutverwaltung bei der Nationalen Volksarmee. Stefan Lang kann in seiner vergleichenden Untersuchung der Internet-Auftritte von Kommunalarchiven u.a. nachweisen, dass es längst zu den üblichen Erwartungen der Benutzer gehört, online in Archivbeständen recherchieren zu können. Judith Matzke zieht eine Bilanz der Umstrukturierung des Lesesaals im Landesarchiv Baden-Württemberg, Hendrik Weingarten untersucht die Arbeitsabläufe in den Lesesälen der niedersächsischen Staatsarchive. Jens Niederhut diskutiert die Möglichkeiten der Internetarchivierung und entwirft schließlich drei Modelle für das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. 

Jörg Pawelletz geht am Beispiel der rheinland-pfälzischen Ministerialüberlieferung der Frage nach, wie das Provenienzprinzip angesichts der sich in immer schnellerem Rhythmus verändernden Aufgabenbereiche der Ministerien sinnvoll anzuwenden ist. Söhnke Thalmann untersucht den Stand der Urkundenerschließung im niedersächsischen Landesarchiv. Die Recherchegewohnheiten der Online-Besucher des Landesarchivs Baden-Württemberg untersucht Christoph Volkmar und skizziert die daraus resultierenden neuen Herausforderungen der Benutzerberatung. Nicolai M. Zimmermann schließlich vergleicht die Möglichkeiten der Online-Recherche auf den Internet-Seiten mehrerer Nationalarchive.

Damit spannt sich der thematische Bogen der Beiträge von der Urkundenerschließung und Schriftgutverwaltung über Lesesaal-management und Online-Angebote bis hin zur Internetarchivierung.

Allen Autorinnen und Autoren danke ich für die gute und unkomplizierte Zusammenarbeit bei der Angleichung ihrer Prüfungsarbeiten an die formalen Vorgaben dieser Reihe – die Überarbeitung konnte erhebliche Kürzungen bedeuten – sowie für ihre Geduld mit dem Herausgeber. Herzlicher Dank gilt Frau Waltraud Noll, die in schon bewährter Manier die Druckvorlagen erstellt hat.

Volker Hirsch
Marburg, im Juli 2011

Veröffentlichungen der Archivschule Marburg Nr. 52
2011, 323 S.